„Kinder sind die Gesellschaft von morgen, es lohnt sich um jedes einzelne zu kämpfen“, beschreibt Dr. Hessenmöller ihren Anspruch in ihrer Arbeit. Obwohl der Gipfel der Depression im 20. bis 30. Lebensjahr liegt, erkranken gerade zunehmend jüngere Generationen. Doch lediglich zwölf Prozent der Jugendlichen mit depressiven Symptomen suchen sich Hilfe. Denn es ist immer noch ein großes Stigma. „Ich hab‘ einen an der Klatsche. Ich muss in die Klapse. Das sind leider nach wie vor gängige Aussagen“, sagt Dr. Hessenmöller. Es brauche hier dringend mehr Diskurs und Aufklärung. Privat zu Hause, aber vor allem auch in der Schule. 80 Prozent der 16- bis 21-Jährigen wünschen sich sogar mehr Auseinandersetzung mit dem Thema „seelische Gesundheit“.
Eine Depression bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen, sei gar nicht so einfach. „Die Symptomatik ist eine andere. Sie sitzen nicht traurig in der Ecke. Sie sind wütend, gereizt, müde und finden meist keine Worte für ihre Gefühle. ,Mir geht es schlecht‘, heißt es beispielsweise“, sagt Dr. Hessenmöller. Es gebe nun mal nicht „die“ Depression. Jede Depression sei eine ganz individuelle Erkrankung.
So individuell wie die Ursachen: Die heutige Kindergeneration wächst in einer Gesellschaft auf, die von der Auflösung traditioneller Beziehungen, von Umstrukturierung und Werteverschiebung in vielen Bereichen gekennzeichnet ist. Ob Corona-Folgen, Einsamkeit, globale Krisen, wie Kriegsereignisse, Anschläge, die Zerstörung der Umwelt, sozialer Stress – auf die Kinder und Jugendlichen prasseln vielfache Anforderungen ein. Und nicht selten entwickeln sich seelische Beeinträchtigungen und große Ängste.
Eine im März 2025 durchgeführte deutschlandweite Umfrage unter 2000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 21 Jahren zeigt: Mehr als 50 Prozent fühlen sich durch die politischen Krisen und Konflikte im Alltag belastet. Mit Bildmaterial von Konflikten und Kriegsszenen sowie Gewaltdarstellungen, wie Verwundung, Folterung, Tötung und Geiselnahme sind sie häufig ungewollt konfrontiert, beispielweise durch Social-Media-Feeds. Weniger als ein Drittel der Eltern führt vor dem Kauf eines Smartphones oder Tablets für das Kind ein Gespräch über Risiken und Schutzmaßnahmen. Verheerend.
Hier mahnt Dr. Hessenmöller dringend, mit Medien sorgsamer umzugehen: „Begrenzen Sie den persönlichen Nachrichtenkonsum, denken Sie an Schutzfilter, führen Sie digitale Pausen ein, unterstützen Sie stattdessen Hobbys, Bewegung und Entspannung.“ Ansonsten können Gewaltdarstellungen eine posttraumatische Stressbelastung verursachen: Schlafprobleme, Schreckhaftigkeit, Ängste.
Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen berichtet außerdem von erlebten Gefahrenszenarien, wie Cybermobbing, Gewaltandrohung, Pornographie oder Rassismus (laut Cybersicherheitsmonitor des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik). Dr. Hessenmöller rät: „Sprechen Sie transparent und jugendgerecht mit Ihren Kindern. Hören Sie aktiv, empathisch und wertfrei zu. Und nehmen Sie suizidale Äußerungen unbedingt ernst.“ Die Ursachen hierfür sind sehr komplex und das Ergebnis vieler Faktoren, wie psychiatrische Erkrankungen, Todesfälle in der Familie, körperlicher Misshandlungen, sexueller Missbrauch, Delinquenz, Mobbing, schwere familiäre Konflikte. Jedoch kann eine frühzeitige Therapie Suizidalität verhindern.
Hilfe:
Angehörigenberatung der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Sprechstunde für Eltern und Angehörige:
- immer am 1. und 3. Mittwoch im Monat
- von 18.30 bis 19.30 Uhr
- Alte Wäscherei (EG links), Bezirkskrankenhaus Bayreuth, Nordring 2, 95445 Bayreuth
- Anmeldung nötig: 0921 283-2090
Außerhalb dieser Sprechstunde: Termin vereinbaren unter 0921 283-2090
Wichtige Infos und Adressen:
Hilfe für Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte:

