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News

Was Theatertherapie bewirken kann

„Immer schaust du mich so blöd an!“ Die ältere Frau wird richtig grantig, als sie auf ihr Gegenüber losgeht. „Und wenn ich weggehe, dann tuschelt ihr alle über mich.“ Die Angegriffene versucht gegenzuhalten. „Aber nein, das bildest du dir ein, ich mach doch gar nichts“, wendet sie kleinlaut ein. „Ach geh! Du scheinheiliges Luder!“ Die andere wird wieder laut. „Gut gemacht“, greift da Klaus Wührl-Struller ein. Und die zwei Streithähne grinsen sich an. Alles nur gespielt. Theater. An diesem Nachmittag beginnt der Theaterworkshop für Patienten der Sozialpsychiatrie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth mit einem inszenierten Streit.

Leicht fällt das den Patienten nicht. Mit einer teils absurden Behauptung auf andere losgehen. Oder sich verteidigen, wenn einem vorgeworfen wird, man esse nie den Teller leer.

Klaus Wührl-Struller ist Theatertherapeut und arbeitet auf Honorarbasis mit Patienten des Bezirkskrankenhauses Bayreuth. Mit den Patienten der Sozialpsychiatrie probt er derzeit das Grimm’sche Märchen von den Bremer Stadtmusikanten. Ein überraschend passendes Stück für die Psychiatrie.

Nicht nur, dass Märchen nun einmal einen ganz klaren Plott haben und leicht nachzuspielen sind – bei den Bremer Stadtmusikanten geht es um etwas, das Patienten teils aus eigenem Erleben kennen: Man ist aussortiert, weil man nicht mehr funktioniert. Das Märchen zeigt außerdem einen Ausweg. Die vermeintlich Schwachen verjagen die Räuber und sind schließlich Helden der Geschichte.

Wer spielt, klatscht kurz in die Hände. So wissen alle, jetzt beginnt das Spiel. Jetzt ist der andere in seiner Rolle. Die ältere Frau, die vorhin noch so zanksüchtig war, ist jetzt der Esel. Schweren Schrittes schleppt sie sich auf die andere Frau zu, den Hund. Diese Patientin kauert am Boden, jammert, jault. Und der Esel versucht zu helfen. Requisiten, die sich die beiden vorher ausgesucht haben, helfen dabei, aus der Realität in die Rolle zu schlüpfen. Der Hund hat sich eine Tasche umgehängt, der Esel trägt Hut. Requisiten helfen dabei, die Rolle zu wechseln. Die beiden reden miteinander, „ich kann nicht mehr der Wachhund sein, der ich einmal war“, sagt der Hund. Da nimmt ihn der Esel nimmt sinnbildlich auf den Rücken, trägt ihn ein Stück des Weges. Dann klatscht der Esel wieder in die Hände. Das Spiel ist aus. Die anderen applaudieren.

Theater hilft den Patienten, sich über körperliche Aktivität – wie beim Sport – Gefühlen zu nähern. Nur: Beim Sport ploppe sofort wieder ein Leistungsgedanke auf, hier, im Theater, nicht. Denn eine Aufführung wird es nie geben. „Wir bleiben komplett unter uns“, betont Wührl-Struller, das gibt den Patienten Sicherheit und hilft ihnen, sich mehr zu öffnen.

Als Esel und Hunde wieder an ihren Plätzen sitzen, wird darüber gesprochen. Wie sich der Hund gefühlt hat, wie der Esel. Die Patienten fühlen sich in ihre Rollen noch einmal hinein – und lernen so auch etwas über ihr Fühlen und Denken. Wie fühlt sich der Esel, der sich selbst so nutzlos fühlt, als er plötzlich einem anderen helfen kann? Wie fühlt sich der Hund, dem geholfen wird, als ihm nur noch bleibt, auf den Tod zu warten? Es sind ganz bemerkenswerte Aussagen, die die Patienten in dieser Schlussrunde vorbringen, oft leise, zögernd, manchmal auch ganz überzeugt. Ein Hund sagt: „Einen Leidensgenossen finden, der einen sogar trägt, etwas Besseres gibt es doch gar nicht.“

Applaus.