Zum Hauptinhalt springen

Schrift vergrößern – so funktioniert's!

Sie möchten den Text auf der Webseite der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken vergrößern? Mit der folgenden Anleitung können Sie die Webseite beliebig vergrößern.

Anleitung für Windows-Nutzer

Um die Schrift zu vergrößern, benutzen Sie bitte die Tastenkombination
Strg +

Anleitung für Apple-Nutzer

Um die Schrift zu vergrößern, benutzen Sie bitte die Tastenkombination
cmd+

News

Was helfen kann, einer Depression vorzubeugen

Alle Jahre wieder: Je kürzer die Tage, desto dunkler die Stimmung. Fallen wir jetzt also jahreszeitlich bedingt in den Trübsinn? Das muss nicht sein. Und auch bei anderen Formen depressiver Erkrankungen lässt sich einiges präventiv tun. Wir sprachen mit Dr. med. Johannes Kornacher darüber. Er ist Leiter des Depressionszentrums am Bezirkskrankenhaus Bayreuth

Winterdepression ist inzwischen eine anerkannte Erkrankung. Kann ich ihr vorbeugen?

Dr. med. Johannes Kornacher: Ja. Die typischen Winterdepression, auch saisonal abhängige Depression genannt, beruht auf einem Mangel an Sonnenlicht. Über das Auge aufgenommen wirkt es positiv auf den Melatoninstoffwechsel des Gehirns. Je kürzer die Tage, desto weniger Lichteinwirkung findet statt. Menschen, die für eine solche Form von Depression empfänglich sind, können entsprechende Symptome entwickeln. Die Winterdepression zeichnet sich durch spezielle Symptome aus, die teilweise anders sind, als bei anderen Formen von Depression: Ausgeprägte Müdigkeit und Erschöpfbarkeit, Schweregefühl im ganzen Körper, oft vermehrter Appetit. Durch gezielten regelmäßigen Aufenthalt im Freien in Form eines Spaziergangs oder sportlicher Aktivität auch während der dunklen Jahreszeit kann man auf natürliche Weise vorbeugen. Auch wenn der Himmel bedeckt ist, ist die Menge des Sonnenlichts noch ausreichend. Hat man dazu keine Gelegenheit, können kann man mit einem speziellen Lichttherapiegerät, dessen Lichtspektrum dem des Sonnenlichts entspricht, sowohl vorbeugen als auch eine Depression behandeln. In leichteren Fällen braucht man dann auch keine Antidepressiva. Die üblichen Leuchtquellen, auch wenn sie sehr hell sind, bringen hier jedoch nichts.

 

Was kann man selbst tun, um die eigene Anfälligkeit für eine Depression zu reduzieren?

Kornacher: Alle Elemente, die zu einer gesunden und ausgewogenen Lebensführung gehören, tragen dazu bei. Da ist zunächst einmal regelmäßige körperliche Aktivität, für die ist mittlerweile eine gute antidepressive Wirkung belegt. Schon 150 Minuten Training pro Woche, mit mäßiger Anstrengung, wirken vorbeugend. Ausreichender Schlaf und ein geregelter Tagesablauf tragen ebenfalls dazu bei – man sollte allerding früh auch nicht zu lange im Bett bleiben. Ganz entscheidend jedoch ist, wie gut wir mit Stress umgehen können. Manchem gelingt dies von Natur aus gut, die anderen haben die Möglichkeit, dies lernen. Entspannungstechniken, Meditation einschließlich achtsamkeitsbasierter Übungen, Yoga, Qigong und Tai Chi senken, wenn man es regelmäßig macht, das Stressniveau. Gemeinsame Aktivitäten mit anderen oder ehrenamtliches Engagement führen dazu, dass man das Gefühl hat, etwas Sinnvolles zu tun. Und man sollte darauf achten, sich regelmäßig etwas Gutes zu tun.   

 

 

Manche Dinge kann man nicht selbst beeinflussen – manch einer hat zum Beispiel keine Familie oder Freunde, die durch seelische Tiefs hindurchhelfen können, oder können aufgrund einer körperlichen Erkrankung keinen Sport als Ausgleich treiben. Was raten Sie diesen Menschen?

Kornacher: Wir haben oft Angst, auf der Arbeit und in der Freizeit nicht mithalten zu können, etwas zu verpassen. Das führt oft zu einer rastlosen Betriebsamkeit, zu einem hohen Anspruch an uns selbst, dem wir dann irgendwann einmal nicht mehr genügen können. Dies ist zum einen schon an und für sich ein Zustand von anhaltendem Stress, zum anderen erzeugt es Unzufriedenheit und Frustration. Beide sind ein guter Nährboden dafür, depressiv zu werden. Regelmäßige Meditation und Achtsamkeitspraxis, beides in Kursen der Volkshochschulen oder anderer Bildungseinrichtungen erlernbar, können gut dazu beitragen an dieser Stelle eine gelassenere Einstellung und innere Distanz zu entwickeln. In der Regel hat auch die regelmäßige Gemeinschaft mit Menschen, die das gleiche Ziel verfolgen, einen positiven psychischen Effekt.

 

Ein Tipp ist oft: Stress vermeiden. Ist das realistisch? Man kann ja nicht gleich kündigen…. Wo beginnt krankmachender Stress?

Kornacher: Es geht nicht darum, jede Art von Stress und Belastung zu meiden – sie gehören zum Leben. Stress ist ein von der Natur entwickelter Mechanismus, um Organismen, also auch den Menschen, biologisch in die Lage zu versetzen, sich auf körperliche und psychische Belastungen kurzfristig einstellen zu können. Ohne das im Hormon- und Nervensystem biologisch fest verankerte Stresssystem hätten die Menschen in ihrer Entwicklungsgeschichte nicht überleben können. Auch heute noch ist es unverzichtbar. Kurzzeitiger Stress ist nicht gesundheitsschädlich, Dauerstress aber sehr wohl. Hier beginnt dann krankmachender Stress. Entscheidend ist das richtige Maß an Stress zur richtigen Zeit, ebenso das richtige Maß an – ebenso biologisch notwendiger – Regeneration und Ruhe. Wie schon erwähnt, ist es mit der Einsicht nicht getan: Das für eine gute körperliche und seelische Gesundheit notwendige ausgewogene Verhältnis muss oft gelernt und eingeübt werden.

 

Wie lassen sich Strategien zum konstruktiven Umgang mit Stress entwickeln und welche gibt es?

Kornacher: Entscheidend ist zunächst, dass man sich für diesen Weg entscheidet, das heißt, dann auch auf krankmachende Lebensziele und Einstellungen verzichtet, wie zum Beispiel „ich muss unbedingt das oder jenes erreichen, um zufrieden zu sein“ oder „ich muss so oder anders sein, um mich akzeptieren zu können“. Der Verzicht auf vertraute Einstellungen oder Verhaltensweisen fällt nicht leicht! Da braucht es möglicherweise professionelle Unterstützung, die beispielsweise eine Psychotherapie oder eine entsprechende Beratung bietet, um für die oben bereits genannten Strategien die notwendige Einsicht und Motivation zu entwickeln.

 

Welchen Einfluss hat Ernährung auf das Depressionsrisiko?

Kornacher: Bis auf schwere Formen von Fehl- oder Mangelernährung, die durch eine ausgewogene Ernährung in aller Regel vermieden werden können, gibt es keine sicher nachgewiesenen direkten Einflüsse der Ernährung auf das Risiko depressiv zu werden. In Zweifelsfällen kann eine Bestimmung bestimmter Vitamine durch eine Laboruntersuchung Klarheit bringen. Von nicht zu unterschätzender psychologischer Wirkung ist das positive Gefühl, mit einer ausgewogenen Ernährung zu einer guten Gesundheit maßgeblich beizutragen.

 

Was bringen Selbsthilfegruppen zur Prävention?

Kornacher: Der Stellenwert der Selbsthilfegruppen liegt in der sogenannten Sekundärprävention, das heißt durch den Austausch zwischen Menschen, die bereits von der Depression betroffen sind, wieder zur Besserung beizutragen oder nicht erneut zu erkranken.

 

Wann soll man mit der Prävention einer Depression beginnen?

Kornacher: Jetzt, gleich! Es ist nie zu früh und selten zu spät. Das bedeutet übrigens auch, dass wir uns auch für unsere Nachkommen heute schon darum bemühen sollten, noch bevor unsere Kinder geboren oder überhaupt geplant sind: Die noch sehr neuen Erkenntnisse der jungen Wissenschaft Epigenetik, die sich mit den Auswirkungen unseres Verhaltens auf unsere Gene befasst, belegen in überwältigender Weise, dass unser heutiges Verhalten in vielfältiger Weise unsere Gene unmittelbar verändert, und dass wir dadurch sowohl die Neigung zu Gesundheit als auch zu Krankheit an die kommende Generation weitergebe. Wir nehmen durch unseren Umgang mit Stress und mit uns selbst also heute schon direkt Einfluss auf das Leben unserer Nachkommen in einigen Jahrzehnten! Hinzu kommt dann noch, dass Heranwachsende vor allem in den ersten Jahren durch unmittelbares Erleben und Nachahmen der Eltern geprägt werden, die unausweichlich deren maßgeblichen Vorbilder sind.