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News

Gefühle sind okay. Alle.

Wir leben in bewegten Zeiten, nichts scheint mehr sicher. Corona hat unser Leben schon auf den Kopf gestellt, jetzt bedroht der Krieg in der Ukraine auch unsere Sicherheit in Deutschland. Dr. med. Stephanie Tieden ist Oberärztin der Depressionsstation am Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Sie spricht über die aufgewühlte Gefühlswelt in diesen Zeiten.

Corona, Krieg in der Ukraine, Inflation. Es sind gerade keine einfachen Zeiten. Wie steuere ich sicher durch diese Krisen und bleibe seelisch gesund?

 

Dr. Stephanie Tieden: Wichtig ist, hier auch mal Abstand zu den Nachrichten zu bekommen und zum Beispiel nicht ständig in den Medien Newsblogs zu verfolgen. Sich besinnen auf das eigene Leben – im Hier und jetzt! Das, was anderen Menschen gerade in der Ukraine passiert, wie andere mit Corona-Folgen kämpfen – das  ist schlimm, keine Frage. Aber ich selbst darf und sollte auch bei mir bleiben. Sorgen und Grübeln über die Welt helfen den anderen überhaupt nicht weiter. Und es ist niemandem geholfen, wenn ich selber aus dem Sorgen nicht mehr rauskomme, damit beendet man keine Kriege oder Pandemien.

Ich darf dankbar sein darüber, dass jetzt gerade hier bei uns kein Krieg ist. Ich darf den Frühling, den Sonnenschein genießen und Dinge tun, die mir Freude und Genuss bringen. Das darf und sollte man sich auch ganz bewusst „erlauben“. Auch der Psyche tun soziale Kontakte gut, Entspannung und moderate Bewegung, möglichst in der Natur (das muss gar kein anstrengender Sport sein, ein täglicher Spaziergang hat hier schon einen guten Effekt).

Wenn dennoch eine deutlich negative Stimmung über mindestens zwei Wochen andauert und sich nicht bessert, kann eine manifeste Depression vorliegen – hier sollte man auf jeden Fall ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

 

Der ein oder andere ist aber ja tatsächlich ganz konkret betroffen: er bekam Corona und hat unter den Folgen zu leiden, die Inflation sorgt für weniger Geld im Geldbeutel und man muss jeden Euro zweimal umdrehen... das kann zu Wut führen, oder zu Resignation.  Oder ich bekomme Angst, weil ich in den Nachrichten nur noch Schlechtes höre, Angst beispielsweise vor einem Atomkrieg. Wie begegne ich solch starken Gefühlen am besten?
Dr. Stephanie Tieden:
Erst mal: Gefühle sind ok – und zwar alle, auch die, die sich unangenehm anfühlen. Gefühle dienen dazu, uns zu signalisieren, ob unsere Bedürfnisse gerade erfüllt sind oder nicht. Wut wird zu Unrecht oft dämonisiert. Negativ ist aber nicht die Wut an sich, sondern eher aggressive Handlungen, die wir oft daraus entstehen lassen. Wut kann aber auch ein guter Antreiber sein, um etwas positiv zu verändern, was uns nicht gut tut und nicht weiter darin zu verharren. Resignation ist ein Verharren in einer gefühlten Hilflosigkeit und Unkontrollierbarkeit und wird oft als sehr bedrückend und hoffnungslos erlebt. Alternativ könnte man überlegen, ob ein eher akzeptierendes Annehmen von Dingen, die man nicht ändern kann, hilfreicher sein kann – und ein Konzentrieren auf die Dinge, die man ändern kann, und wenn es nur kleine Dinge sind (wir können keinen Atomkrieg verhindern, aber wir könnten zum Beispiel an einer Demo teilnehmen und so zumindest einen kleinen Teil beitragen).

 

Warum reagieren Menschen mit solchen Aktionen wie Lebensmittel hamstern auf diese bewegten Zeiten?
Dr. Stephanie Tieden:
Hamstern ist vor allem eine aktive Handlung statt eines passiven Abwartens. Ausgeliefert sein, nichts ändern können – das ist für viele Menschen nur schwer erträglich – durch aktive Handlungen wie „Hamstern“ hat man zumindest kurzfristig den Eindruck, selbst etwas tun zu können, was etwas entlastend wirkt.

Ist es ein gutes Mittel, die Sorgen zu verdrängen?
Dr. med. Stephanie Tieden:
Verdrängen ist vor allem auf längere Sicht keine gute Option. Kurzfristig kann es zwar entlasten, langfristig wirken verdrängte Sorgen und unangenehm erlebte Emotionen aber weiter und verschwinden nicht. Plakativ heißt es so schön: „Gefühle sollten gefühlt werden“ – quasi „durchfühlt“ und „durchlebt“ werden, um sie zu verarbeiten. Das kann je nach Gefühl auch sehr unangenehm sein, aber ist der beste Weg, um damit umzugehen und die Erfahrung zu machen: Auch unangenehme Gefühlszustände bleiben nicht ewig, sondern verändern sich.