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News

Burnout - Wenn so gut wie nichts mehr geht

Der Psychiater Dr. Nedal Al-Khatib, Chefarzt am Bezirksklinikum Obermain in Kutzenberg, behandelt Patienten, die an Burnout leiden. Im Interview erklärt er, was Burnout ist, wer besonders gefährdet ist und wie er Burnout therapiert.

Herr Dr. Al-Khatib, was hat es mit dem Begriff „Burnout“ auf sich?

Al-Khatib: Der Begriff, den wir mit „Ausbrennen“ übersetzen, geht auf den Psychotherapeuten Herbert Freudenberger zurück, der 1974 über dieses Phänomen geschrieben hat. Er hatte beobachtet, dass inbesondere Menschen in sozialen und helfenden Berufen durch ihr übergroßes Engagement Gefahr laufen, regelmäßig über ihre Grenzen zu gehen und nach langer Zeit so erschöpft sind, dass sie die Ursache für ihre Erschöpfung kaum erkennen können. Freudenberger identifizierte Burnout etwa bei Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, bei der Feuerwehr, bei der Polizei oder in der Schule.

Es blieb allerdings nicht bei den helfenden Berufen...

Al-Khatib: Mittlerweile wird dieses Phänomen weiter gefasst und erstreckt sich auf fast die komplette Arbeitswelt. Denn das Leistungsprinzip in unserer Leistungsgesellschaft hat in den letzten 50 Jahren einen stetig wachsenden Stellenwert erhalten. Die Arbeit wird gefühlt und tatsächlich immer mehr. Und die Digitalisierung führt zu einer Beschleunigung im Berufsleben und auch zu einer Arbeitsverdichtung. Nicht wenige, besonders einsatzfreudige Menschen versuchen dann alles, um mit diesem Tempo mithalten zu können. So beginnt sich die Spirale zu drehen. Bis es zu einem Burnout im Endstadium kommt, kann es allerdings im Einzelfall auch mehrere Jahre dauern.

Wobei Leistung an sich ja zum Menschsein gehört…

Al-Khatib: Das Erbringen von Leistung hat durchaus viele positive Aspekte. Wir Menschen sind auch stolz auf unsere Leistungen. Wir können etwas vorweisen und wir erhalten Anerkennung. Für Menschen mit gewissen Persönlichkeitsmerkmalen besteht allerdings die Gefahr, sich langfristig zu überfordern und in ein Burnout-Syndrom hineinzudriften. Es betrifft Menschen, die sich sehr viel abverlangen, die sehr im Fokus stehen, die zu Perfektionismus neigen und die sich vorwiegend über Leistung definieren.

Gibt es Burnout als Diagnose?

Al-Khatib: Das Freudenberger-Modell von „Burnout“ ist an sich sehr griffig und vor allen Dingen als Begriff positiv besetzt. Denn wer ausbrennt, hat ja vorher für etwas gebrannt. In den bisher gültigen Klassifikationssystemen für psychische Störungen wurde ein Burnout-Syndrom zwar noch nicht als eigenständiges Krankheitsbild aufgeführt, jedoch ändert sich das gerade in der bald allgemein zu nutzenden, neuen ICD-11. Darunter versteht man das Internationale Klassifikationssystem aller Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation.

Was sind die ersten Anzeichen, die auf einen Burnout hinweisen können?

Al-Khatib: Menschen, die zu einem Burnout neigen, erkennen die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit nicht an. Ein stark überzogener Leistungsgedanke, der andere, ausgleichende Bedürfnisse deutlich in den Hintergrund treten lässt, wird zur dominanten Richtschnur des eigenen Handelns. Betroffene denken dann oft auch am Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub an die nächsten beruflichen Herausforderungen und arbeiten sogar in ihrer Freizeit berufliche Aufgaben ab. Hobbies und soziale Kontakte werden häufig vernachlässigt. Die Mehrzahl der Betroffenen findet allerdings erst in der letzten Burnout-Phase den Weg zum Arzt, wenn in dieser letzten Phase der Burnout fast vollständig mit einer schweren Depressionserkrankung deckungsgleich ist.

Wie lässt sich vermeiden, dass es überhaupt so weit kommt?

Al-Khatib: Das familiäre und das soziale Netzwerk spielen dabei eine entscheidende Rolle. Betroffene erkennen ihre Burnout-Gefährdung selten. Sie fühlen sich in einem Hamsterrad, das sich dreht und dreht, und genießen natürlich auch zuweilen ihre Erfolge. Familienangehörige, Lebenspartner und enge Freunde sollten aufmerksam sein und ihre Beobachtungen offen ansprechen. Natürlich ist das eine schwierige Angelegenheit und auch ein empfindlicher Punkt, weil Betroffene eben über Gebühr leistungsorientiert sind. Es braucht viel Diplomatie und Fingerspitzengefühl, um Betroffene auf dem richtigen Ohr zu erreichen.

Wie behandeln Sie in Kutzenberg einen Burnout-Patienten?

Al-Khatib: Einem Burnout-Patienten, der besonders leistungsorientiert ist, fällt es zuerst einmal ganz schwer, ins Krankenhaus, zudem in eine psychiatrische Klinik, zu kommen. Wichtig ist in einem ersten Schritt, die Motivation zu klären. Kommt der Patient in die Klinik, weil er es selbst will oder weil Partner, Kinder oder Arbeitskollegen ihn darauf gebracht haben? Das ist entscheidend für die weitere Therapie. Wenn jemand nicht wirklich eigenmotiviert ist, dann ist mein erstes Ziel, seinen Aufenthalt zu einem eigenen zu machen und seinen Blick darauf zu richten, ob seine Angehörigen nicht etwa recht haben könnten, professionelle Hilfe zu holen. Vielleicht nicht mit allem, aber mit dem einen oder anderen schon. Für den psychotherapeutischen Ansatz ist es wesentlich, keine vorgefertigten Konzepte überzustülpen. Das funktioniert nicht. Entscheidend ist: Welche Biografie hat der Patient? Wie ist er in diese Situation geraten? Welchen Nutzen zog er daraus? A und O in der Behandlung ist, den Patienten mitzunehmen. Unabhängig von therapeutischen Standards.

Bildunterschrift:

Des Guten zu viel: Wer sich langfristig im Beruf überfordert, kann davon krank werden.