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News

Zug um Zug ans Ziel

Eine Portion Selbstvertrauen für alle: Die Klettergruppe der Klinik für Forensische Psychiatrie im Porträt

Noch wenige Meter trennen Timo H. vom Boden. Langsam geht`s am Seil nach unten. Geschafft! Er lacht zufrieden. Timo hat seine erste Route geklettert. Bis ganz oben war er. „Das war richtig cool.“ Erleichterung und auch ein bisschen Stolz schwingen in seiner Stimme mit. Timo H. ist neu in der Klettergruppe der Klinik für Forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus in Bayreuth. Die gibt es seit Anfang des Jahres 2022. Sebastian Jendreiek hat sie ins Leben gerufen. Einmal pro Woche geht es mit den meist sieben Patienten für drei Stunden in die Kletterhalle im Industriegebiet. Bei gutem Wetter auch raus an die Felsen in der Fränkischen Schweiz.

Der Psychotherapeut brachte das Konzept aus seiner vorherigen Tätigkeit in einer Allgäuer Klinik mit. Und er fand sofort Mitstreiter. Allen voran Volkmar Blendl, der das nötige Budget für das Material bewilligte. Gurte, Schuhe, Seile, Express-Sets, Sicherungsgeräte, Chalk-Beutel – die richtige Ausrüstung musste her.

Partnercheck ist wichtig

„Zwei, zwei, zwei“, zählt Marco T. und deutet auf den Knoten, mit dem das Seil an seinem Gurt befestigt ist. Jeweils zwei Seilstücke müssen parallel laufen, damit der „Achter“ – so heißt der Knoten – passt. Zusammen mit seinem Kletterpartner Timo H. prüft Marco T., ob er richtig eingebunden und das Seil korrekt ins Sicherungsgerät eingelegt ist. „Ohne den Partnercheck läuft nichts“, weiß Sozialpädagoge Martin Widera. Zusammen mit Sporttherapeutin Julia Popp und Psychotherapeut in Ausbildung Patrick Zimmer, ist er einer der Kletterbetreuer in Sebastian Jendreieks Team. Widera klettert selbst seit vielen Jahrzehnten.

Auch Zimmer teilt die Leidenschaft und schätzt den therapeutischen Nutzen dieses Sports: „Man kann hier so viele Erlebnisqualitäten abrufen. Eigenverantwortung, Verantwortung im Umgang mit anderen, Nähe, Distanz, sich der eigenen Grenzen klar werden.“ Die Patienten nehmen den Klettersport sehr ernst. „Uns geht es hier ja nicht um sportliche Höchstleistungen“, erklärt Widera. Die meisten brauchen mehr Selbstvertrauen. Und das kann ihnen die Klettererfahrung hier geben. Wen der Ehrgeiz packt, kann auch die Prüfungen für die Kletterscheine „Toprope“ und „Vorstieg“ des Deutschen Alpenvereins ablegen. „Das haben auch schon einige geschafft“, erzählt Jendreiek. Das macht die meisten natürlich mächtig stolz

Klettern statt Motorradclub

Bei Michael S. war es Liebe auf den ersten Blick. Das Klettern hat im 29-Jährigen eine ungeahnte Leidenschaft geweckt. „Vorher habe ich jahrelang überhaupt keinen Sport gemacht“, sagt er selbst über sich. Da gab es neben Arbeit und Beziehung nur seinen Motorradclub. Damit verbunden war sein Alkoholproblem, das ihm irgendwann zum Verhängnis wurde. Seit 15 Monaten ist er nun in Therapie. „Ich lerne, dass das Leben auch ohne Suchtmittel Spaß macht. Und das Klettern hilft mir sehr dabei.“ Es sei die körperliche und geistige Herausforderung bei dem Sport. Er lerne mit Angst umzugehen und sich Ziele zu setzen. „Vorher hatte ich keine“, sagt Manuel S.

„Er ist unser stärkster Kletterer in der Gruppe, wagt Vorstiege im siebten Schwierigkeitsgrad und ist total motiviert“, sagt Jendreiek. So sehr, dass er sich sogar eine eigene Kletterausrüstung gekauft hat, um bei seinen Freigängen auch privat mit seiner Partnerin in die Kletterhalle gehen zu können. Bald darf Manuel S. raus und sich im Probewohnen beweisen. Auch Arbeit hat er schon gefunden. Anstatt Motorradclub wird nun das Klettern fester Bestandteil seines Lebens sein. „Das hilft mir, meinen Alltag zu bewältigen und tut mir richtig gut.“